15. Die alte(n) Oberweißbacher Kirche(n)

 Was ist eigentlich ein Positiv?

Und wozu braucht man eine Kanzel-Uhr?

Beim Durchstöbern einiger alter Dokumente bin ich kürzlich auf einen Text gestoßen, in dem es u. a. um die alte Kirche geht, die bis 1840 auf dem Oberweißbacher Friedhof stand.

Genau genommen war es nicht „die“ alte Kirche, sondern eine der mindestens 2 Kirchen, die nacheinander dort gestanden haben – die erste bis 1606. Die zweite wurde von 1606/07 bis 1612 erbaut und bestand bis zu ihrem Abriss 1840.

Die alte Kirche war wohl recht klein – „zierlich“ heißt es in den Akten. 1640 brannte sie ab und wurde zwischen 1640/41 und 1647 wiederaufgebaut. So gesehen könnte man ab hier sogar von einer dritten Kirche sprechen, aber wir wollen ja nicht übertreiben.

Geblieben ist von ihr der obere Teil des Turmes, der sich heute in Lichtenhain auf dem ehemaligen Amtshaus befindet, ein großer Stein, den Pfarrer Mohr 1840 an Ort und Stelle (unterer Friedhof) belassen und mit einer Inschrift versehen hat, und der Taufstein, der noch heute (wieder) in der Hoffnungskirche für Taufen genutzt wird. Außerdem ein Kelch aus dem Jahre 1644.

1657 erhielt das Kirchlein ein Schieferdach und ab 1659 – wie bereits angedeutet – verfügte die Kirche über ein sogenanntes Positiv. Dabei handelte es sich um eine kleine, versetzbare Orgel, die offenbar leicht zu spielen war, denn in den Akten heißt es sinngemäß, dass wegen dieses Positivs auf die Anstellung eines Organisten (jedenfalls vorerst) verzichtet werden konnte.

Was aus dem Instrument geworden ist? Man weiß es nicht. Es gibt jedoch auch heute noch vergleichbare Instrumente – hier ein zeitgenössisches Vergleichsstück:


Positiv
Vergleichsstück von 1657

Im 18. Jahrhundert gab es dann einige Reparaturen, so 1703, als die bis dahin offenbar an der Kirchendecke aufgehängten „Männerstände“ (Empore) neu gebaut wurden und dabei die Kanzel hinter den Altar versetzt wurde. Die „Weiberstände“ befanden sich offenbar ebenerdig – unten. So war das damals …

1708 erhielt die Kirche dann eine „richtige“ Orgel – und zwar von Johann Conrad Weißhaupt (oder Weißhäupl) aus Seebergen.

1722 wurde das Glockenhaus „vergrößert“, was gleich mehrere Fragen aufwirft:

Was heißt „vergrößert“? Erhöht?

Wenn es ein Glockenhaus gab: Folgt daraus, dass sich die Glocken nicht auf dem Turm befanden? Oder war das Glockenhaus der Turm?

Handelt es sich womöglich bei dem heute noch erhaltenen Torhaus zum Friedhof um den Rest dieses Glockenhauses?

Erbaut wurde das Glockenhaus laut Akten 1687; das Torhaus jedoch laut dort eingemauertem Stein schon 1587.

1738 – 1743 erhielt die kleine Kirche neue Fenster und 1744 hatten die Oberweißbacher „Töchter und Mägde“ genügend Geld gesammelt, damit eine „Canzel-Uhr“ angeschafft werden konnte.

Ist das nicht rührend?

Aber wozu braucht man eine Kanzel-Uhr?


Kanzel-Uhr
Vergleichsstück von 1776

Nun, ein solches Instrument erfüllte wohl gleich mehrere Zwecke:

Der Pfarrer wusste, wie lange er bereits gepredigt hat und wieviel Zeit noch bleibt. Das war insofern wichtig, weil er mehrere Orte zu betreuen und dort nacheinander Gottesdienste abzuhalten  hatte und sich deshalb lieber nicht verplapperte. Für seine Vorgesetzten war es ein Kontrollinstrument. Auf freundliche Nachfrage bei den Gemeindegliedern konnte man so in Erfahrung bringen, ob der Herr Pfarrer auch was tat für sein Geld.

Geld – auch so eine Sache: Die Besoldung eines Pfarrers anno dazumal – darüber könnte man ein Buch schreiben …

Für die Gottesdienst-Besucher hatte die Uhr natürlich auch Vorteile: Je mehr Sand verronnen war, desto näher rückte der Sonntags-Schmaus! Hm…!

Na dann: Guten Appetit!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Fröbelstraße, Lichtenhainer Straße, Dr.-Robert-Koch-Straße

Nicht zuzuordnende Namen und Adressen am Ende! Lichtenhainer Straße (aufwärts rechts) (alt: Siedlung; neu. Lichtenhainer Straße 1 – 14) 1 ...